Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 02/2014 - page 8

Expertenrat
8
Dialogorientiert kommunizieren
mit Social Media
Herr Rittweger, es gibt wohl kein Un-
ternehmen mehr, das keine Webseite
hat. Allerdings scheint das heute nicht
mehr ausreichend zu sein. Welche
Rolle spielt Social Media als Kommu-
nikationsinstrument für Unterneh-
men?
„Hinter Social Media verbirgt sich ein
dialogorientierter Kommunikationsstil
über das Internet. Ich kann Informatio-
nen oder Botschaften versenden und
andere können darauf antworten und
mit dem Unternehmen in Dialog treten.
Das unterscheidet Social Media von den
klassischen Werbeformen wie Zeitung,
Funk oder Fernsehen. Wenn ein Unter-
nehmen das Potential erkannt hat, mit
Kunden, der Öffentlichkeit oder poten-
tiellen Mitarbeitern in einen öffentli-
chen Dialog zu treten, kann Social
Media eine wesentliche Rolle bei Mar-
keting und Produktentwicklung spie-
len.“
Die Welt der Social Media Anwendun-
gen ist vielfältig und entwickelt sich
stets weiter. Für was kann man diese
Welt als Unternehmen nutzen?
„Hier gibt es in der Tat viele Möglich-
keiten. Wir nutzen die Sozialen Netze
zum Beispiel zu Marktforschungszwe-
cken. Dabei binden wir potentielle Kun-
den durch Befragungen frühzeitig in die
Produktentwicklung ein. Das spart
Kosten und vermindert das Risiko von
Fehlentscheidungen oder falschen stra-
tegischen Ansätzen. Klassische Kunden-
bewertungen, wie wir sie aus der Reise-
branche kennen, sind inzwischen in
vielen Bereichen verkaufsentscheidend.
Netzwerke wie Facebook oder Google
Plus eignen sich hervorragend um ziel-
gruppengenau neue Produkte oder
Dienstleistungen zu vermarkten.“
Muss man eigentlich alles mitma-
chen? Oder anders gefragt: Für wen
eignet sich welches Instrument?
„Marketing lebt von dem Prinzip, die richtige Botschaft
zum richtigen Zeitpunkt bei der richtigen Zielgruppe
zu platzieren. Wenn man sich das bewusst macht, fin-
det man automatisch die richtigen Social Media-
Kanäle oder stellt fest, dass zum Beispiel Radio-
werbung durchaus sinnvoller ist. Nur dabei zu sein,
weil alle es machen ist wenig erfolgversprechend.
Welchen Aufwand erfordert das? Welche personel-
len Ressourcen muss ich als Unter-
nehmer einplanen?
„Das hängt von der Zielstellung und
dem erwarteten Benefit ab. Die Nut-
zung der Social Media-Kanäle ist keine
Nebenbeiaktivität. Eine Fachkräftekam-
pagne bei Facebook benötigt für ein
mittelständisches Unternehmen rund
60 Stunden an Manpower von einer
Person, die die entsprechende fachliche
Kompetenz hat. Das ist von der Zeit her
viel, jedoch günstiger als andere Akti-
vitäten in diesem Bereich.
Man spricht inzwischen von rund
zehn Millionen Beschäftigten, die in
Deutschland in sozialen Netzwerken
unterwegs sind. Wie soll man sich als
Unternehmer verhalten? Ist es sinn-
voll, Guidelines für die Mitarbeiter
aufzustellen? Wie kann ich das Poten-
zial meiner postenden Belegschaft
nutzen?
„Das ist eine Frage der Unternehmens-
philosophie. Eine offene Unterneh-
menskultur legt Spiel- und Stilregeln
fest und kann dieses Potential für das
eigene Marketing nutzen. Unterneh-
men, bei denen jeder Facebook-Post
erst über den Tisch des Geschäftsfüh-
rers gehen muss, sollten die Finger vom
Dialog lassen.“
Zum Abschluss noch eine Frage: Was
sollte man in der Social Media-Welt
unbedingt vermeiden?
„Eigentlich alles, was ich in einem per-
sönlichen Gespräch auch nicht machen
würde. Social Media läutet eine authen-
tische Kommunikationskultur ein. Keine
Übertreibungen oder Polarisierungen,
Ehrlichkeit, das Eingestehen von
Schwächen und Fehlern sowie das Ein-
gehen auf die Bedürfnisse des Ge-
sprächspartners sind die Grundlagen für
erfolgreiche Kampagnen.“
.
Schöne neue Welt Social Media. Aber wie
.
.
nutzt man sie richtig? Welche Ressourcen
.
.
braucht man und welche Fallen lauern?
.
.
Fragen an Heiko Rittweger, Geschäftsführender
.
.
Gesellschafter der Werbeagentur Rittweger
.
.
und Team.
.
Foto: Rittweger und Team
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,...44
Powered by FlippingBook