Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 02/2014 - page 40

Ratgeber Arbeitsrecht
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In den letzten Jahren mehren sich die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu Kündigungen
aufgrund von Facebookeinträgen von Arbeitnehmern. Dabei setzt sich nur ein bekanntes
Problem in die modernen Zeiten fort. Ging es früher eher um Gespräche, ist es heute der
Eintrag in den sozialen Netzwerken.
Ein Expertenbeitrag von AGVT-Arbeitsrechtsexpertin
Kathrin Stocky.
Gefahr des Jobverlustes durch
Beleidigungen auf Facebook
Das Arbeitsgericht Duisburg hatte im
September 2012 (Az.: 5 Ca 949/12) ei-
nen ebensolchen Fall zu entscheiden.
Ein Mitarbeiter war aufgrund eines ope-
rativen Eingriffs arbeitsunfähig. Ihn är-
gerte, dass Arbeitskollegen laut Zweifel
an seiner Erkrankung äußerten. In die-
ser Situation ließ er sich zu einem Kom-
mentar auf seiner Facebookseite hinrei-
ßen. Darin bezeichnete er seine
Arbeitskollegen als Klugscheißer und
Arschkriecher. Nach seiner Rückkehr hat
der Arbeitgeber ihn aufgrund der de-
nunzierenden Äußerungen auf Face-
book fristlos, hilfsweise ordentlich ent-
lassen. Das Arbeitsgericht erklärte die
Kündigungen für unwirksam. Es erkann-
te an, dass es sich hierbei um ehrverlet-
zende Äußerungen der Kollegen han-
delt. Damit hat sich der Arbeitnehmer
vertragswidrig verhalten. Derartige
Beleidigungen sind grundsätzlich ge-
eignet, Störungen des Arbeitsver-
hältnisses herbeizuführen. Jedoch sei im
Rahmen eine Abmahnung des Arbeit-
nehmers vorzuziehen. Das Gericht ver-
wies zu Recht darauf hin, dass das
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
zu beachten ist. Darunter fallen auch
polemischen oder verletzenden Formu-
lierungen. Formalbeleidigung, Schmä-
hungen und unwahre Tatsachenbe-
hauptungen genießen dagegen nicht
den Schutz des Grundgesetzes. Ein-
geschränkt wird die Meinungsfreiheit
durch das Grundrecht der persönlichen
Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 Grundgesetz.
In die Beurteilung der Kündigung ist
mit einzubeziehen, wie sich der Um-
gangston im Betrieb darstellt, in wel-
chem psychischen Zustand sich der je-
weilige Arbeitnehmer befand und wie
sich die Situation nach Ort und Zeit-
punkt gestaltete. Dagegen haben Kom-
mentareinstellungen bei Facebook „ei-
nen anderen Charakter als wörtliche
Äußerungen, die aufgrund ihrer Flüch-
tigkeit nicht derart einschneidende
Wirkung für die betroffenen Mitarbeiter
hat. Die Einstellungen bei Facebook
stellen eine Verkörperung der beleidi-
genden Äußerungen dar, die für ande-
re, soweit sie nicht gelöscht wird, im-
mer wieder nachlesbar ist und somit
nachhaltig in die Rechte der Betroffe-
nen eingreift. Auch werden die Einträge
bei Facebook das Risiko, dass Folgeein-
träge beispielsweise in Form von Kom-
mentaren oder durch eigene Einträge
erfolgen, die wiederum die betroffene
Person erneut und in anderer Form be-
leidigen bis hin zur Gefahr des so ge-
nannten Internetmobbing.“ Es heißt
nicht ohne Grund: „Das Internet vergisst
nie.“ Dabei ist unerheblich, dass die Äu-
ßerungen nur einer Gruppe von Men-
schen zugänglich waren, dem auch Ar-
beitskollegen angehörten. Für das
Gericht war jedoch entscheidend, dass
in dem Kommentar des Arbeitnehmers
kein konkreter Arbeitskollege genannt
worden ist und dass die Äußerungen
als emotionale Reaktion auf das Verhal-
ten seiner Kollegen getätigt wurden.
Grundsätzlich riskiert jeder Arbeitneh-
mer mit einem negativen Facebook-
eintrag über Kollegen, Vorgesetzte und
seinen Arbeitgeber seinen Arbeitsplatz.
Ob diese Darstellung noch von der
Meinungsfreiheit des Artikel 5 Grund-
gesetz gedeckt sind, hängt insbesonde-
re auch von den Umständen ab.
Foto: Schulz-Design/fotolia
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